Kinder und Erziehung

Erziehung ohne Strafe und Konsequenzen?

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In Sachen Erziehung gibt es so viele unterschiedliche Meinungen, dass man sie gar nicht alle aufzählen kann. Teilweise gehen die Ansichten dabei extrem weit auseinander. Während einige Eltern strenge Regeln und Konsequenzen, ja sogar Strafen bei Fehlverhalten als notwendig empfinden, schwören andere auf eine bedürfnisorientierte Erziehung ohne feste Regeln. Was jetzt der „richtige“ Ansatz ist, ist schwer zu sagen.

Bei vielen Eltern ist die Auszeit auf dem „stillen Stuhl“ oder der „stillen Treppe“ ein alltägliches Mittel zur Regulierung ihrer Kinder, bei dem die Kinder sich ein paar Minuten lang still irgendwo hinsetzen müssen, bis sie sich beruhigt haben und wieder hören. Diese Methode mag vielleicht vielversprechend klingen, zumal sie meiner Meinung nach auch oft Erfolge bringt für die Eltern, aber die langfristigen Konsequenzen dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Wenn der Alltag dann nämlich gar nicht mehr ohne Androhung von Strafe (was das stille Sitzen für die Kinder ja ist) funktioniert und die Kinder nur aus Angst vor Strafe gehorchen, finde ich das sehr bedenklich. Gerade später in der Pubertät könnte das dazu führen, dass die Kinder sich den Eltern (auch aus Angst vor Strafe) nicht mehr anvertrauen und die Beziehung nicht auf einem tiefen Vertrauensverhältnis basiert, sondern sich eine Kluft zwischen den Kindern und ihren Eltern bildet. Ein tiefes Vertrauensverhältnis ist meiner Meinung nach aber extrem wichtig für die Beziehung zwischen Eltern und ihren Kindern. Durch die tiefe Bindung und das gegenseitige Vertrauen können die Kinder sich sicher sein, dass sie sich mit allen Problemen an ihre Eltern wenden können und Verständnis und Unterstützung bekommen.

Bei einigen Familien ist es wichtig, dass die Kinder sich „anständig“ am Tisch benehmen, ordentlich mit Besteck essen und nicht mit dem Essen spielen. Außerdem dürfen sie nicht anfangen zu essen bevor nicht alle am Tisch sitzen und sie dürfen auch nicht aufstehen, bevor alle anderen mit dem Essen fertig sind. Wie wir mit dem Thema Essen bei Kindern umgehen könnt ihr in meinem Beitrag lesen.

Wie sieht unsere Erziehung aus?

Ich muss sagen, dass ich meine Einstellung zur Erziehung meiner Kinder geändert habe, seit ich Mama bin. Früher dachte ich, ich müsse auf jeden Fall konsequent sein und angedrohte Strafen auch durchziehen. Das ist im Grunde sicher auch nicht verkehrt, nur habe ich meine Einstellung zu Strafen generell geändert. Klar, es gibt Situationen, da machen die Kinder einfach überhaupt nicht mit und meist gerade dann, wenn es schnell gehen muss, zum Beispiel, weil wir spät dran sind für die Kita oder weil es abends spät geworden ist und sie schnell ins Bett müssen, bevor sie übermüdet sind.

Ich bin aber der Meinung, dass man das Androhen von Strafe nicht als Dauermittel nutzen sollte, um seinen Willen durchzusetzen. Was ich bei meiner Tochter beobachtet habe, als ich eine Zeit lang öfter mal mit Konsequenzen oder Strafe gedroht habe, war, dass sie selbst auch immer öfter Bedingungen für ihre Kooperation gestellt hat. Sie hat also mein Verhalten einfach kopiert. Und wenn es dann gar nicht mehr ohne Strafen geht, verhärten sich die Fronten und die Erziehung schlägt eine Richtung ein, die ich bei meinen Kindern nicht möchte: ein ganz hierarchisches Familienbild mit den Eltern als Bestimmern und den Kindern, die sich unterordnen müssen. Auch von Sätzen, wie „Mach das, weil ich es sage“ oder „weil ich der Chef bin“ halte ich nichts.

Ich versuche also so gut es geht ohne das Androhen von Strafe oder Konsequenzen auszukommen bei meinen Kindern. Klar geht das nicht immer und auch ich bin mal gestresst, genervt und habe einfach keine Geduld mehr und dann drohe ich auch mal eine Konsequenz an, aber es soll bei uns einfach nicht die Regel sein. Lieber bitte ich meine Kinder 5 Mal, 10 Mal zu machen, was ich sage, auch wenn das manchmal ganz schön frustrierend sein kann und vor allem viel Zeit kostet bis sie dann „hören“. Dennoch bemühe ich mich als ersten Weg so viel Geduld aufzubringen, wie ich nur kann und im freundlichen und immer respektvollen Umgang mit meinen Kindern sie dazu zu bewegen das (mit) zu machen, was ich gerade von ihnen möchte.

Prinzipiell kann ich für unsere Erziehung aber sagen, dass es bei mir eher ein Mittelweg ist zwischen der freien Entwicklung meiner Kinder und ein paar Regeln für unser Zusammenleben, wobei mir ein liebevoller und respektvoller Umgang mit einander sehr wichtig ist. Regeln, die ich für nötig halte, sind zum Beispiel, dass meine Kinder sich und uns nicht hauen oder schubsen sollen und beim Essen nicht ihre Füße auf den Tisch packen. Auch komme ich nicht komplett ohne das Androhen von Konsequenzen oder Strafen aus, will es aber auch nicht als Dauermittel einsetzen. Wie oft ich Konsequenzen androhe, hängt aber immer von der Tagesform und der Situation ab. Das reicht von nur ein Mal alle paar Tage, bis zu mehrfach an einem Tag. Wenn ich aber eine Konsequenz androhe, bin ich mir vorher schon sicher, dass ich sie auch umsetzen kann, sonst finde ich diese Methode auf Dauer nicht sinnvoll und die Kinder nehmen das Angedrohte nicht mehr ernst. Aber müsste ich für jeden Schritt, den meine Kinder machen sollen erst mit einer Konsequenz drohen, wäre mir das auf Dauer zu anstrengend und kontraproduktiv für die Erziehung und Beziehung zu meinen Kindern, wie ich sie haben möchte.

Was möchte ich mit meiner Erziehung erreichen?

Ich lasse meinen Kindern viele Freiräume

Das allerwichtigste bei der Erziehung meiner Kinder ist mir, dass wir eine tiefe, auf Vertrauen basierende Beziehung haben. Ich will auch dann noch eine tiefe und gute Beziehung zu meinen Kindern haben, wenn sie später in der Pubertät und erwachsen sind. Das ist das, worauf es mir ankommt und nicht, ob ich mit meiner Erziehung die gängigen Normen der Kindererziehung erfülle oder was meine Nachbarn dazu sagen, dass ich meinen Kinder erlaube jeden Tag zu naschen und fern zu sehen (natürlich beides in Maßen). Mir sind viele Regeln und gute Manieren am Tisch nicht so wichtig, denn meine Kinder sind Kinder und sie sollen sich so gut es geht frei entfalten können.

Auch eine bedürfnisorientierte Erziehung ist mir sehr wichtig, das heißt, die Bedürfnisse meiner Kinder ernst zu nehmen und darauf einzugehen. Sei es Körperkontakt, Aufmerksamkeit, oder auch Selbstbestimmung und Ruhe. Ich versuche, so gut es geht ihre Bedürfnisse wahr zu nehmen und diese dann auch zu erfüllen. Das heißt natürlich nicht, dass ich jedem Trotzanfall nachgebe und meine Kinder immer alles bekommen, was sie wollen. Denn sie sollen auch die Regeln des Miteinanders lernen, wie Teilen, auch mal abgeben und (was mein Dreijähriger gerade lernen muss), dass sie nicht immer alles bekommen und haben können, was sie wollen, zum Beispiel, wenn die große Schwester ein Spielzeug zuerst hatte. Und natürlich gibt es bei uns auch Grenzen, die sie einhalten sollen. Die sind aber nicht alle in Stein gemeißelt und durchaus auch mal situationsabhängig.

Selbstverständlich bin ich nicht perfekt und ich sage mir manchmal abends auch „Da hätte ich anders regieren müssen“ und „Das mache ich nächstes Mal besser“. Ich denke, es ist wichtig auch sein eigenes Verhalten den Kindern gegenüber immer wieder zu reflektieren, auch damit man nicht in Verhaltensmuster verfällt, die man vielleicht durch die eigene Erziehung von den Eltern mitbekommen hat und die man nicht bei seinen Kindern wiederholen will. Denn bei mir gibt es auf jeden Fall Dinge, die ich als Kind erfahren habe und die ich auf keinen Fall bei meinen Kindern machen will.

Ich denke, Erziehung ist so unterschiedlich wie die Familien selbst und ich kann nur für meine Familie die Erziehung anstreben, die sich für mich richtig und natürlich anfühlt, mit viel Nähe und Liebe, Verständnis und Geduld (wobei ich mit der Geduld manchmal so meine Schwierigkeiten habe, ich arbeite aber daran :D), aber auch ein paar wichtigen Regeln des miteinander lebens.

Kinderleute hat einen schönen Beitrag zum Thema Erziehung geschrieben, den ich sehr lesenswert finde.

Beim Thema Erziehung eine Diskussion zu starten ist wahrscheinlich eine „nerverending story“, aber schreibt mir trotzdem gerne eure Meinung und Erfahrung mit eurer Erziehung. Ich bin gespannt auf den Austausch 🙂

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