Kinder und Erziehung

Ich bin sooo traurig… (postnatale Depression)

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Mein Baby ist auf der Welt und bei uns zu Hause. Ich könnte nicht glücklicher sein. Diese Nähe, diese Liebe ist unbeschreiblich schön! Doch da ist noch eine andere, unerwartete Seite. Etwas, womit ich nicht gerechnet hätte. Eine tiefe Traurigkeit – Verlorenheit – Leere. Völlig fehl am Platz, wo ich doch gerade das Glück meines Lebens geboren habe! Und doch ist sie da. Gräbt sich in meinen Verstand und lässt mich von einem Moment zum anderen todtraurig sein- die Postnatale Depression.

Viele mögen vielleicht den sogenannten Baby Blues kennen. Diese kürzere depressive Phase tritt meist 3 bis 5 Tage nach der Geburt des Kindes auf und kann mehrere Stunden bis hin zu einigen Tagen andauern. Die postnatale Depression ist im Gegensatz dazu leider sehr viel stärker und hält sich meistens 3 bis 6 Monate.

Plötzliche Weinattacken

Meiner Schwester, meiner Zwillingsschwester, ging es doch nach den Geburten Ihrer Kinder immer so gut. Ich wusste nichts von irgendeiner Traurigkeit, die einen aus heiterem Himmel mit so großer Macht überfällt.

Doch da war ich, mein Baby gerade mal ein paar Tage alt und ich musste von einem Moment zum nächsten weinen. Die Traurigkeit rollte mit einer bleiernen Schwere über mich hinweg und begrub mich, wie unter einer tonnenschweren Decke. Ich fing mit einer großen Macht an zu weinen und konnte erstmal nicht wieder aufhören. Ich drückte mein kleines Baby ganz fest an mich und versuchte, mich auf dieses wundervolle, kleine Wesen zu fokussieren.

Manchmal bemühte ich mich, mich zusammenzunehmen, wenn mein Partner ins Zimmer kam, das funktionierte jedoch nur bedingt. Die verschiedenen Gefühle der größten LIEBE, die jemals in meinem Leben gespürt hatte und der schlimmsten TRAURIGKEIT, die sich in mein Bewusstsein zu kämpfen versuchte, überfluteten mich.

Ich weiß noch genau, als wir eines Tages einen Videoanruf mit der Mutter meines Partners starten wollten und ich fing plötzlich so sehr an zu weinen, dass ich nicht aufhören konnte! Ich wusste nicht warum oder was der Auslöser für diesen Traurigkeitsanfall war. Es fiel mir unglaublich schwer, mich wieder zu beruhigen, aber ich schaffte es, den Anruf durchzuhalten. Generell hatte ich ein sehr unsicheres Gefühl – fast die ganze Zeit über. Gingen wir zum Budni, um neue Windeln und Wundschutzcreme zu holen, fühlte ich mich dermaßen verloren und unsicher, das ich mit meinem kleinen Baby nur noch nach Hause ins Bett wollte.

Mein Freund versuchte so verständnisvoll wie möglich zu sein, doch wirklich verstehen konnte er mich nicht – das tat ich selbst kaum. Es war mal gut, in Ordnung, und dann ganz plötzlich wieder total schlimm.
Ich war so unendlich glücklich mit meinem Baby und doch so überaus traurig. Das passte nicht zusammen.

Es geht wieder bergauf – die Depression endet

Mein kleines Baby gab mir die Kraft die postnatale Depression auszuhalten

Ich suchte im Internet nach Antworten und lernte dort über postnatale Depressionen. Warum hatte ich sie und nicht meine Schwester?

Mein Freund researchte ebenfalls nach Lösungen und fand heraus, dass es helfen sollte, nackten Körperkontakt zu seinem Baby zu haben, also Haut an Haut Kontakt. Das tat ich. Ich legte mir meinen kleinen Liebling auf meine nackte Brust und es beruhigte mich tatsächlich. Ich fühlte mich irgendwie geerdet. Durch den Körperkontakt zu meinem Baby wurde das Neurohormon „Oxytocin“ ausgeschüttet, welches auch als „Wunderwaffe“ gilt. Es reduziert das Stresslevel und sorgt für wohlige Nähe und Bindung. Dadurch fühlte ich mich direkt sicherer und geborgener. Da mein kleiner Schatz die meiste Zeit des Tages schlief, half es mir auch sehr, mich durch etwas fernsehen abzulenken (natürlich mit Kopfhörern, damit mein Baby nicht gestört wurde).

Ich kann gar nicht genau sagen, wie lange mich die Depression im Griff hatte. Ich denke es waren ca. 4-5 Monate. Dann ging es mit großen Schritten bergauf. Dazu muss ich sagen, dass das Stillen bei uns leider nicht funktioniert hat (ich werde vielleicht einen separaten Beitrag dazu machen) und eventuell wäre die Depression gar nicht erst so schlimm geworden, hätte ich mein Baby richtig stillen können.

Wenn es euch wie mir geht und ihr trotz vollkommendem Babyglück eine tiefe Traurigkeit empfindet – es geht vorbei. Konzentriert euch auf euer Baby und wartet ab, die Depression wird nicht ewig dauern. Den Haut an Haut Kontakt kann ich hundertprozentig empfehlen, das hat mir wirklich geholfen. Ihr seid nicht alleine! Euer Baby gibt euch die Kraft, die ihr braucht, um euch aus diesem Sumpfloch heraus zu kämpfen.

Ich wünsche euch allen ganz viel Kraft und alles Gute.

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